#003 Der Wert von Neuanfängen
ZUKUNFTS-PODCAST
vom erfolgreichen Zukunftscoach und Mr. Future
SVEN GABOR JANSZKY
Heute - das kann ich dir schon versprechen - wird es ein bisschen ein bisschen persönlicher. Ich habe extra bis zum Abend gewartet. Du siehst, draußen wird es schon ein bisschen dunkel. Hab mich hier auf meinen Schreibtisch gesetzt, weil ich heute einen ziemlich persönlichen Impuls für dich habe. Direkt aus meinem Leben sozusagen. Und ich glaube, so persönlich hab ich das tatsächlich überhaupt noch noch nie erzählt. Ich möchte mit dir über Neuanfänge reden und ich möchte mit dir heute über den Wert von Neuanfängen reden. Warum es unbedingt notwendig ist, aus meiner Sicht, dass wir in unserem Leben ab und zu Neuanfänge haben.
Ich erzähle dir, wie ich darauf gekommen bin: Neulich hat mich ein Journalist gefragt, wieso ich eigentlich immer so positiv, so optimistisch bin in meinen Büchern, den Studien, in den Reden. Warum ich so sicher bin, dass unsere Zukunft eine bessere wird, also eine bessere als die Vergangenheit. Und ich war nicht besonders erschrocken über die Frage. Ich habe einfach angefangen zu reden und ich hab berichtet von all den großen Technologien in aller Welt, die wir als Zukunftsforscher kennen und die wir beobachten und wo die Entwicklung dieser Technologien versprechen, die größten Menschheitsprobleme mit diesen Technologien zu lösen, und zwar in den nächsten 10, 20, 30 Jahren. Und dann habe ich erzählt von diesen wunderbaren Start-Up Gründern, die ich betreuen darf. Das erfolgreichste, das eine Startup, hat binnen 18 Monaten von 0 auf 50 Millionen einen Börsengang gemacht. Also in 18 Monaten Börsengang von null auf 50 Millionen Bewertung. Also tolle, großartige Technologien, tolle, großartige Menschen, die an der Zukunft arbeiten. Und natürlich hab ich dann irgendwann auch von meinen Coachees erzählt. Die früher als Zukunft immer nur ihre Neujahrs-Vorhaben bezeichnet haben, die dann irgendwie 2 Wochen oder auch mal 2 Monate gehalten haben und dann wieder weg waren und ihre Zukunft damit natürlich nie erreicht haben. Aber jetzt, seit wir zusammenarbeiten mit wissenschaftlichen Methoden ihr Zukunft-ICH entwickeln und es auch wirklich erreichen. Also ich hab sozusagen immer über die anderen, über die anderen erzählt, die mich so stolz machen und die es mir so klarmachen, dass die Zukunft eigentlich nur besser werden kann als die Gegenwart.
Und dieser Journalist, der schüttelt dann plötzlich irgendwann den Kopf und schaut mich an und sagt: "Herr Janszky, ich möchte wissen, was ist mit Ihnen in Ihrem Leben passiert, dass sie so angstfrei in die Zukunft schauen? Und dann bin ich aus meinem üblichen Zukunftsforschungs-Interview- Antwort-Trott ein bisschen herausgekommen und habe da wirklich sehr, sehr lange überlegt und habe ihm dann eine Antwort gegeben, die sehr ehrlich war. Ich glaube der Grund für meinen Optimismus sind die vielen Neuanfänge in meinem Leben, die ich persönlich erlebt habe. Und Neuanfänge, ehrlich gesagt, ist ein sehr schönes Wort dafür. Aber man könnte genau das Gleiche auch Scheitern nennen oder Nullpunkt. Ich nenne es halt Neuanfang, weil es klingt besser. Und deshalb möchte ich mit euch heute über den Wert von Neuanfängen reden. Und ich erzähl das aus meinem Leben, ihr habt sicher auch eure Neuanfänge. Wir können ja dann gern im Anschluss darüber diskutieren. Lass mich drei Neuanfänge erzählen, die mein Leben geprägt haben:
Ich bin, wie ihr wahrscheinlich wisst oder vielleicht auch nicht wisst, aber darum habe ich kein Geheimnis gemacht: Ich bin in Ungarn aufgewachsen, also ich bin der der Sohn einer halb deutschen, ostdeutschen, halb ungarischen Familie. Meine Eltern, als ich geboren wurde, haben wir in Budapest gelebt und ich habe die ersten sechs Jahre in Budapest verbracht. Ich bin dort in den Kindergarten gegangen, habe Ungarisch gesprochen, zuhause auch mal ein bisschen Deutsch, aber ich habe viel besser Ungarisch gesprochen als Deutsch. Und dann hatten meine Eltern vereinbart, also meine Mutter Deutsche, mein Vater Ungarn. Die hatten offensichtlich, als sie zusammenkamen und geheiratet haben, da war ich noch gar nicht da. Da hatten die vereinbart, dass sie jetzt nach Budapest ziehen, aber wenn meine Mutter Heimweh bekäme, dann ziehen sie zurück, also nach Chemnitz. Und und irgendwann war es soweit und ich war da gerade sechs Jahre alt und meine Eltern. Also ich merkte davon im Prinzip, dass das meine Eltern gesagt haben: "Wir ziehen jetzt zurück. Wir gehen nach Chemnitz. Wir mieten ne Wohnung. Wir haben die haben die Wohnung renoviert, alles ist alles schön." Und dann kam der Tag, an dem wir umziehen sollten. Also an dem sozusagen in Budapest alle unsere Kisten verladen waren auf den Zug und so. Und wir auch in diesen Zug steigen sollen. Wir stehen auf diesem Bahnsteig und die Zeit rückt heran, wenn der Zug still stehen bleibt auf dem Bahnsteig und ich hab mich schon gewundert: "Warum gehen wir nicht rein? Warum setzen wir uns da nicht hin?" Er steht irgendwie auf diesem Bahnsteig. Und dann pfeift der Schaffner, jetzt alle einsteigen. Und mein Vater stieg nicht in diesen Zug ein. Ich stieg in diesen Zug ein, mein Bruder stieg in den Zug ein, meine Mutter stieg in diesen Zug ein. Mein Vater stieg nicht in diesen Zug ein. Und da fuhr der Zug los und ich hab das nicht verstanden. Also keiner konnte das damals verstehen. Ehrlich gesagt, manch einer in meiner Familie versteht das bis heute nicht. Aber ich hab Jahre später, 20 Jahre später mit meinem Vater darüber geredet. Warum ist er nicht in den Zug eingestiegen und er ist auch später nicht in den Zug eingestiegen. Der ist einfach in Budapest geblieben. Ohne Grund, also ohne Begründung. Und ich habe 20 Jahre später mit ihm darüber geredet und er hat eine für ihn sehr treffliche Begründung gehabt. Er war nämlich immer ein großer Freiheits-Fanatiker.
Ich erinnere mich in unserem Wohnzimmer, damals in Budapest, stand überall die Freiheitsstatue. Also der war großer Amerika-Fan und sein Lebenstraum war: Ich gehe nach Amerika. Überall Freiheitsstatuen und amerikanische Fahnen. Und der war in einer schwierigen Situation, weil er wusste: Wenn ich jetzt in diesen Zug steige, wenn ich sozusagen hinter die Mauer gehe, also die DDR war ja damals viel unfreier als Ungarn. Ungarn galt ja als relativ offen und man konnte auch ab und zu mal, wenn man familiäre Verbindungen hatte, nach Österreich rüber und so weiter und so fort. Das heißt, mein Vater hatte den Gedanken, wenn ich jetzt hinter diese Mauer gehe, dann werde ich niemals, niemals in meinem Leben mein Lebenstraum erreichen können. Und dann musste er sich entscheiden. Er hat sich für seine Freiheit entschieden und gegen seine Familie.
Und später hat er noch um das Sorgerecht für mich gestritten und hat verloren. Naja, also kurz gesagt: Ich war in Chemnitz. Ein Sechsjähriger, der gerade in die Schule kam, in die erste Klasse, der gebrochen Deutsch sprach immer mit einem komischen ungarischen Akzent, während die anderen in der Schule alle Sächsisch sprachen. Also, ich war halt einfach der, der gehänselt wurde, der keine Freunde hatte, keine Kindergartenfreunde, der eigentlich ein Papa Kind war, aber kein Papa Vorbild mehr hatte und er plötzlich der Große in der Familie ist, obwohl er eigentlich ganz klein ist. Kurz gesagt: zu diesem Zeitpunkt war mein Leben, so wie ich es noch ein paar Tage vorher dachte, wie es sich gehört zu sein komplett zusammengebrochen. Und ich will da jetzt kein Mitleid. Das ist eine typische Mauergeschichte. Das ging ganz vielen damals so und es geht auch heute vielen noch so. Nicht zwischen Ungarn und nicht innerhalb der EU, aber vielen, vielen Einwanderern. So geht das halt. Ich will nur erzählen, wozu mich das führte. Das führte mich dazu, dass ich mit sechs Jahren schon auf die harten Fragen des Lebens gestoßen wurde und nachdenken musste. Darüber nachdenken musste: Was will ich hier? Was soll ich hier? Und was ist mein Ziel?
Und ich habe damals beschlossen, dass ich zur Elite des Landes gehören werde. Ich weiß, "Elite" hört man nicht so gerne in Deutschland, das klingt irgendwie komisch, aber ich hab das damals beschlossen. Ich hab damals gedacht: Mensch, ich bin hier einer der letzten, aber ich will einer der Ersten sein. Ich weiß noch, wie eine Lehrerin mich irgendwann mal in der Schule fragte und ich fragte alle in der Klasse: Was wollt ihr in eurem Leben eigentlich erreichen? Und einige sagten dann: Den und den Beruf. Die meisten sagten Weltfrieden, das war das, was man in der sozialistischen Schule hören wollte. Und ich sagte: Ich möchte erreichen, dass mir ein Denkmal gebaut wird. Da haben mich alle ziemlich komisch angeschaut. Also die Lehrerin und die anderen Kinder.
Jetzt muss ich sagen, dass es aus heutiger Sicht nicht die beste Idee war, zur Elite des Sozialismus gehören zu wollen. Das wusste ich damals noch nicht in der ersten Klasse als Sechsjähriger. Das weiß ich heute. Aber gut, was ich damals völlig unbewusst, natürlich komplett unbewusst gemacht habe: Ich habe mir schon mit 6 Jahren ein erstrebenswertes Zukunfts-ICH gegeben. Ich habe mir vorgestellt: Irgendwann Denkmal und so. Also ich hab mir einen einen Sinn im Leben gegeben und zwar mit 6 Jahren schon. Warum? Der einzige Grund, warum ich das gemacht habe, ist, weil mein Leben vorher komplett zusammengebrochen war und ich wirklich neu anfangen musste. Wie ging es weiter?
Ich war nicht auf den Kopf gefallen. Ich hatte in der Schule fast alles Einsen, ohne dass ich irgendetwas dafür machen musste. Also Hausaufgaben habe ich fast nie gemacht. Ich kam dann auf eine Spezial-Schule für die besten Schüler der Stadt, gewann zwischendurch immer die Mathematik Olympiade, spielte auch gut Schach, spielte irgendwann in der DDR Liga und gewann auch. Also wurde zweiter bei der DDR Meisterschaft mit meiner Mannschaft. Naja und so weiter und so fort. Und dann kam ich von dieser Spezial-Schule der Stadt auf eine Spezial-Schule für die besten Schüler des Landes. Also da war ich 16 Jahre alt. Das war sozusagen 10 Jahre später. Und da fand ich mich wieder in einem in einem Spezial-Institut, einer Universität, in dem tatsächlich die Elite der DDR ausgebildet wurde. Das waren so 400 Leute pro Jahrgang. Also alle ein Alter. Und unter diesen 400 gab es 18, jedes Jahr, die Diplomaten werden sollten, also Botschafter für die DDR. Ich war sozusagen in der letzten Diplomaten Klasse der DDR und unter meinen Mitschülern waren natürlich ein paar Kinder von Parteibonzen. Logisch, das war halt so in diesem Staat. Aber es waren auch ganz normale Menschen, ganz normale Schüler wie ich, die einfach einfach gute Schüler waren. Und einer meiner besten Freunde damals, der hat später mal in einer Dokumentation in der ARD so beschrieben. Der hat gesagt: Das war für uns, diese Diplomatenklasse, war für uns die beste Möglichkeit, legal aus diesem Land "DDR" rauszukommen, ohne dass wir Gesetze brechen mussten, ohne dass wir flüchten mussten. Wir hätten einen Job gehabt in irgendeiner Botschaft, in irgendeinem Land dieser Welt, hinter der Mauer. Also über die Mauer drüber, ohne dass wir irgendwie über die Grenze flüchten mussten und uns erschießen lassen. Also, wir waren 16 Jahre alt. Wir hatten damals noch keinen Kontakt zu all dem, was schlecht in diesem Staat war - die Stasi. Und wir hatten auch vieles noch nicht erlebt, was die Generation meiner Eltern natürlich erlebt hatte. Das muss man dazu sagen. Gut, also ich war in dieser letzten DDR Diplomaten Klasse und die fing im September an. Also diese Klasse, elfte Klasse für mich damals. Und zwei Monate nachdem das anfing, also im November fiel die Mauer. Da war zum zweiten Mal mein Leben zusammengebrochen.
Also aus heutiger Sicht muss man sagen: zum Glück. Ich wäre als Botschafter, als Beamter in diesem Staat vollkommen verkümmert, aber aus damaliger Sicht war mein Zukunfts-ICH zusammengebrochen. Mein Berufsziel war weg, mein Studienort war weg. Ich sollte dann irgendwann in Moskau, also die Diplomaten mussten in Moskau studieren. Sogar mein geplanter Arbeitgeber, also der Staat, der war weg. Den gab es nicht mehr. Stattdessen ein ziemlich fremdes System, das nach einer völlig anderen Logik funktioniert. Also ich beschreibe das manchmal so, nun ist das ewig her schon, aber ich beschreibt es heute manchmal so: Das wäre, als würden wir morgen hier in Deutschland das chinesische Gesellschaftssystem einführen. Also nicht die individuelle Entfaltung jedes Einzelne ist das Lebensziel, sondern die beste Einordnung ins Kollektiv. Ist in China so, ja? Nicht Marktwirtschaft, also Angebot, Nachfrage und das führt zu ganz vielen Angeboten in den Regalen, sondern Planwirtschaft: Es gibt eine Art von Butter. Es gibt eine Art von Milch. Reicht, ist geplant. Und es gibt keine nörgelnden Medien mit irgendwelchen Berichten über Skandale und Tote mehr, sondern es gibt nur noch Hurra-Berichte der Partei-Zeitung. Das ist ja der der Wandel. Also kurz gesagt, du hast keine Ahnung, wie dieses Land funktioniert. Wer was zu sagen hat. An wen du dich wenden sollst. Wer dein Vorbild sein soll. Keine Ahnung. So war das damals. Nicht nur für mich, für alle.
Das Glück für mich war: Das war schon das zweite Mal in meinem Leben, dass ich wirklich über den Sinn des Lebens nachdenken musst und mir wieder ein neues Zukunfts-ICH geben musste. Damals war ich 16 Jahre. Also zehn Jahre später. Und dieses Nachdenken mit 16 hat tatsächlich lange gedauert, das hat zwei Jahre lang gedauert und in diesen zwei Jahren habe ich das Leben eher schleifen lassen. Ich war viel in Kneipen, ich war viel auf Demonstrationen. Das war damals die Zeit der Golfkriegs-Demonstrationen. Und dann aber nach diesen zwei Jahren hatte ich ein Zukunftsbild, da habe ich beschlossen, Journalist zu werden, weil das wollte ich. Ich hatte mich daran erinnert - das wollte ich eigentlich in der in der Schule schon. Ich hatte in der sechsten Klasse mal so ein Fantasie-Aufsatz geschrieben über Olympische Spiele in der Zukunft. Und meine Deutschlehrerin hatte gesagt: Du kriegst hier ne 5 dafür, weil das ist kein Aufsatz, das ist eine Reportage, so wie es Sportreporter machen. Zum Glück habe ich damals eine Eins gekriegt, weil der Schuldirektor sich da eingeschaltet hat. Aber ich hab mich daran erinnert, dass eigentlich dieses Journalistische in mir war. Und, dass ich Sportreporter schon immer ziemlich cool fand. Also war mein neues Ziel: ARD-Korrespondent. Und da hab ich mir also zum zweiten Mal ein ein neues, erstrebenswertes Zukunfts-ICH gegeben. Mit 16 Jahren habe ich mir einen neuen Sinn im Leben gegeben. Jetzt frage ich wieder: Warum? Und der Grund ist wieder derselbe: Weil mein Leben vorher komplett zusammengebrochen war und ch komplett neu anfangen musste. Es ging einfach nicht mehr so weiter.
Also wurde ich ARD-Journalist und das ging damals sehr schnell die Karriereleiter hoch. Ich war erst freiberuflich und dann fest angestellt und dann Reporter, Moderator, Leiter einer einer Nachrichten und Politik Redaktion, Chef vom Dienst. Das ist in den ARD-Sender, der der Vertreter des Chefredakteurs sozusagen im Tagesablauf. Also kurz gesagt in 10 Jahren, also im Alter zwischen 18 und 28 Jahren, das waren diese 10 Jahre hatte ich im Prinzip alles gemacht, was man normalerweise bis zum Alter von 45-50 so in der ARD so macht. Und dann gings plötzlich nicht mehr weiter. Ich hab dann irgendwann gemerkt, ich hab keine Lust mehr auf Mittelmaß. Ich meine, große Organisation, das weißt du vielleicht wie ich oder hast es auch so erfahren: Große Organisationen tendieren immer zum Mittelmaß. Warum? Die High Performer gehen irgendwann aus denen raus, aus diesen Großorganisation, weil sie mehr vom Leben erwarten, als man dort kriegt. Und die schwächeren Performer, die kommen gar nicht erst rein. Und was bleibt übrig? Mittelmaß.
Und dann kam es zu meinem dritten Neuanfang. Ich wollte dieses Mittelmaß nicht mehr. Ich hatte einfach keine Lust mehr. Und was habe ich gemacht? Ich habe gekündigt. Also ich hatte eine Festanstellung auf Lebenszeit mit Betriebsrente und so weiter. Alle haben gesagt: Bist du verrückt? Sowas kündigt man nicht. Ich habe einfach gekündigt. Ohne zu wissen, was danach passiert. Ich hatte drei Monate Kündigungsfrist und ich dachte mir: in den drei Monaten, da kannst du dir ja überlegen, was du dann machst. Also hab ich mir dann in diesen drei Monaten ein wieder mal ein Zukunfts-ICH gegeben. Ich hab wieder drüber nachgedacht: Wofür bist du hier? Und was willst du hier?
Und ehrlich gesagt, in dieser Zeit damals hatte ich ziemlich viele Optionen. Also beispielsweise mein alter Professor an der Universität, als der mitbekommen hatte, dass ich gekündigt hatte, kam er sofort zu mir und sagte: "Mensch, willst du nicht hier eine wissenschaftliche Mitarbeiter Stelle bei mir haben? Ich gehe demnächst in Rente und dann kannst du möglicherweise irgendwie mich beerben, sozusagen als Professor, also du kannst Professor werden." Das war ein Weg. Der zweite Weg war: Ich fand, ich habe als Journalist immer politische und Wirtschafts-Berichterstattung gemacht. Also ich fand Unternehmen ziemlich gut und ich fand den Gedanken, selber ein Unternehmen zu gründen, Unternehmer zu werden, fand ich super. Also das war die zweite Option. Werde Unternehmer. Dann war das die Zeit, in der ich auch ziemlich viel Sport getrieben habe, also Ausdauersport. Ich habe 19 Marathons in meinem Leben gelaufen, also Wettkämpfe. Und wenn man 19 Marathons auf 10 Jahre verteilt, läuft, dann läuft man zehn Jahre lang sozusagen sechsmal in der Woche zwei Stunden und dann ist man halt relativ gut trainiert. Also ich hätte mir auch super vorstellen können, ein Sportler zu werden. Vormittags ein bisschen trainieren, nachmittags ein bisschen trainieren, dazwischen Mittagsschlaf ist ein idealer Tag für mich. Das war die dritte Möglichkeit, dann gab es die vierte Möglichkeit: Ich hatte noch relativ wenig, damals von der Welt gesehen, aber ich wollte viel von der Welt sehen. Also hab ich mir überlegt: Mensch, du könntest sozusagen als Journalist, als freier Journalist durch die Welt ziehen, in jedem Land irgendwie ein paar Monate bleiben und immer einen Bericht schreiben oder zwei, drei - hättest ein super Leben. Ja, das war sozusagen die die Weltenbummler-Geschichte. Dann war mein bester Freund gerade nach Afrika gezogen, nach Gambia an den Gambia River. Der war Fotograf, war schon immer ein Verrückter und hatte in Gambia plötzlich ein Hotel aufgemacht. Und ich hatte den schon zweimal besucht und fand das großartig. Also ich hätte auch Hotelbesitzer in Afrika werden können. Dann war immer noch so ein kleines Körnchen, so ein Gedanke: Mensch, kannst du vielleicht doch noch in der ARD doch noch einen Karriereschritt machen? Wie wäre es, wenn du Auslandskorrespondent wirst? Standen meine Chancen damals ziemlich gut, ehrlich gesagt hätte ich auch mit ein bisschen Geduld noch werden können. Außerdem war ich gerade in so einer Phase, wo ich mir dachte: Mensch, wenn jetzt Frau und Kinder, also Familiengründung. Das wäre auch gut. Ich fühlte mich reif. Außerdem gab's da noch eine Möglichkeit: Ich war schon immer einer, der, der mitbestimmen wollte, sozusagen, wie die Geschicke des Landes laufen, also sozusagen Politiker zu werden war auch immer so ein bisschen in meinem Kopf. Und nicht zuletzt war ich damals schon sehr begeistert von dem von Mindset, was es im Silicon Valley gibt. Also dieses Silicon Valley sozusagen als Schmelztiegel all der Verrückten in dieser Welt. Die, so größenwahnsinnig sind, dass sie sich Dinge vornehmen, von denen andere denken, dass sie nicht gehen. Also all diese verschiedenen Optionen lagen sozusagen auf dem Tisch.
Aus heutiger Sicht - ist dir vielleicht schon aufgefallen, wenn wir über über über das Zukunft Coaching reden und die drei Schritte, sich ein Zukunfts-ICH zu bilden. Dann waren das jetzt schon 10 Zukunfts-ICHs, die ich damals hatte und die in meiner Vorstellung alle besser waren als mein damaliges ICH, nämlich irgendwie in der ARD-Festanstellungen zu sein und es geht nicht so richtig weiter. Also ich hatte mir damals schon 10 Zukunfts-ICHs gemacht und dann hab ich mich unter den zehn für eins entschieden. Das eine war die Gründung eines Zukunfts-Forschungsinstituts. Also im Grunde hab ich sozusagen drei miteinander kombiniert. Wenn du richtig hingehört hast: Dieses Professoren-ICH, das Wissenschaftler-ICH hab ich kombiniert mit dem Unternehmer-ICH, ein eigenes Unternehmen, ein eigenes Institut zu haben und mit diesem Silicon Valley-ICH nämlich nicht einfach ein Institut, sondern eine Zukunfts-Forschungsinstitut, was ganz oft nach Silicon Valley fahren muss. Also diese drei hab ich zusammengepackt und hab gesagt: Okay, das ist jetzt dein Ziel, das ist deine Zukunft-ICH.
Naja gut, warum hab ich dir das alles alles erzählt? Weil meine Antwort an den Journalisten, der diese Frage gestellt hat, nach: Was treibt dich da wirklich innerlich? Meine Antwort an den Journalisten war: Nach diesen drei grundlegenden Neuanfängen in meinem Leben, weiß ich eines ganz genau: Hinterher, also nach einem Neuanfang im Leben, wird es immer besser als vorher. Der Grundglaube in mir als Zukunftsforscher und in mir als Mensch ist: Hinterher ist es immer besser. Das heißt: Einen Neuanfang zu machen ist nicht etwas Schlimmes, sondern ist das Beste, was du machen kannst. Ist die Methode, damit es dir hinterher besser geht.
Und eigentlich habe ich das schon nach dem zweiten Neuanfang schon gewusst. Wenn du richtig aufgepasst hast: Die ersten beiden habe nicht ich herbeigeführt. Die sind von außen durch eine Änderung meines Umfeldes herbeigeführt worden. Beim 1. der Umzug der Familie und die Trennung vom Vater, beim zweiten war es der Zusammenbruch des Staates sozusagen - konnte ich nichts dafür hat mich in eine Krise gestoßen, zu einem Neuanfang gedrängt, der die Welt für mich besser gemacht hat. Beim dritten Mal, nämlich bei der bewussten Kündigung dieser Festanstellung in der ARD. Da hab ich es schon selbst gemacht, weil ich genau wusste: nach diesem Neuanfang wird das Leben besser. Und übrigens: das gilt nicht nur für mich, das gilt auch für dich. Und ich kann dir das auch gut begründen: Der Grund, warum es hinterher besser ist: Man schneidet durch einen Neuanfang alte Abhängigkeiten ab. Das ist wichtig, weil jeder baut sich in seinem Leben Abhängigkeiten auf und diese Abhängigkeiten, die bremsen unsere Entwicklung. Da kann man sagen: Das ist eigentlich ganz gut, dass es die Abhängigkeiten gibt, weil da ist auch sowas dabei wie die Familie und Kinder und so. Natürlich ist das gut, aber wenn du die nicht hast, wenn du sie abschneidet, wenn durch irgendwas ein Neuanfang passiert - Dann bewegst du dich schneller. Zweitens: Man baut dieses neue Leben, dieses Zukunfts-ICH in einer völlig neuen, anderen, schnelleren Geschwindigkeit auf. Man nutzt seine Unabhängigkeit dafür und seine Erfahrung natürlich, macht die alten Fehler nicht mehr und erreicht in viel kürzerer Zeit ein viel höheres Qualitätsniveau. Und Drittens: Man hat, wenn man so einen Neuanfang macht, man startet von einem höheren Level. Also man hat ein größeres Netzwerk, man hat mehr Freunde, man hat größere Ressourcen, möglicherweise Finanzen, möglicherweise einfach Kontakte. Man hat viel bessere Ausgangs-Voraussetzungen beim Aufbau des neuen Lebens als beim letzten Neuanfang vor 10 Jahren.
Was will ich dir damit sagen? Ich glaube, jeder Mensch braucht alle zehn Jahre einen grundlegenden Neuanfang. Jetzt kannst du vielleicht sagen: "Mensch, Sven! Das klingt so schön, alle 10 Jahre, aber du hast ja mit 28 damals bei diesem ARD-Ausstieg deinen letzten gehabt und heute bis du 48 - Da hast du einen mit 38 ausgelassen und jetzt mit 48 müsstest du auch einen machen. Stimmt doch alles nicht was du erzählst." Stimmt doch: Vor zehn Jahren, als ich 38 war, ist meine Tochter zur Welt gekommen und kurz danach meine zwei Söhne. Das ist ein Neuanfang - Wer drei Kinder hat, der weiß: Das ist ein Neuanfang.
Außerdem zur gleichen Zeit, vor zehn Jahren, habe ich zum ersten Mal die Geschäftsführung meines Instituts des Zukunfts-Forschungsinstituts in andere Hände gegeben. Was mir die Möglichkeit gegeben hat, neben diesem Wissenschaftler und Zukunftsberater, der ich vorher gewesen war, dann zu einem Speaker zu werden. Also Vorträge, Keynotes in Unternehmen zu halten. Ich habe inzwischen über 1000 Reden gehalten. Ich war in einem Jahr mal der meist gebuchte Redner in Strategietagungen und Zukunftsevents in der deutschen Wirtschaft. Außerdem bin ich Investor geworden. Ich habe zwei Beteiligungsgesellschaften gegründet, habe bisher zwölf Startups als Erst-Investor mit aus der Taufe gehoben. Eins davon habe ich mit an die Börse gebracht. All das hätte ich niemals gemacht, hätte es nicht vor zehn Jahren wieder einen Neuanfang in meinem Leben. Und heute mit 48 gibt's wieder einen Neuanfang. Wei, jetzt genau in diesem Jahr. Genauer gesagt am 8. Januar, hab ich eine Firma gegründet, deren Ziel es ist, die wissenschaftlichen Methoden von Zukunftsforschung nicht mehr nur für eine Elite von Topmanagern und Vorständen zur Verfügung zu halten für viel, viel Geld, sondern für jedermann und jederfrau. Und eigentlich will diese Firma ein neues Schulfach an die Schulen bringen. Nämlich das Schulfach Zukunft. Ich möchte, dass jeder Mensch auf dieser Welt, egal ob er arm oder reich ist, lernen kann, wie man das macht mit wissenschaftlichen Mitteln, nicht mit diesem Esoterik und Tschaka-Quatsch, sondern mit wissenschaftlichen Mitteln sich eine bessere Zukunft zu machen. Also ein Zukunftsumfeld der nächsten fünf bis zehn Jahre zu erkennen, sich ein Zukunftsbild zu entwickeln - Was ist meine beste Vorstellung? Und dieses Zukufts-ICH dann auch zu erreichen.
Ich habe sogar schon einen guten Gedanken für den nächsten Neuanfang. Der wird dann vielleicht sogar noch grundlegender als der letzte, aber das erzähle ich dir ein andermal. Heute ging es einfach nur um einen Impuls, den ich dir geben wollte. Nämlich den Impuls, dass Neuanfänge genau das ist, was ein Leben ausmacht und das du bitte keinerlei Angst vor einem Neuanfang haben sollst, weil hinterher wird es besser.
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